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Locker lassen

Warum Schulden keine Bremse sein sollten

von Robin Lücke

Der November war für uns alle ein politisches Durcheinander. Von Trumps Sieg bei den US-Wahlen bis hin zum Bruch der Ampelkoalition war alles dabei. Die beiden großen Akteure bei letzterer waren der teils gelobte, teils kritisierte Kanzler Olaf „Scholzomat“ Scholz und der ebenfalls sowohl gelobte als auch kritisierte Ex-Finanzminister Christian „Bambi“ Lindner. Viele konträre Ziele und Ansichten prallten bei diesen Charakteren aufeinander, vor allem in der Finanzpolitik. Der große Streitpunkt hierbei war unter anderem die Thematik um Staatsschulden und die Schuldenbremse. Bambi und Scholzomat vertraten Ansichten, die in etwa so weit entfernt waren wie Markus Söder vom Veganismus oder Alice Weidel vom Geschichtsunterricht. Für Lindner haben Staatsschulden einen ganz schlechten Ruf. Belastung für künftige Generationen, Risiko für finanzielle Stabilität und so weiter und so fort. Für ihn ist die Schuldenbremse dementsprechend mindestens genauso wichtig wie Sauerstoff. Doch entspricht das wirklich der Realität? Scholz steht der Aufnahme von Staatsschulden nicht ganz so kritisch gegenüber, er sieht sie sogar eher als Chance für die jüngeren Generationen. Lindner zieht in diesem Falle eindeutig den Kürzeren. Ganz eindeutig. Staatsschulden können nämlich durchaus – im Gegenteil zu Lindners läppischem Liebling namens Schuldenbremse – positive Aspekte für jedermann mit sich bringen. 

Man muss sich erst einmal die Frage stellen „Warum nimmt denn ein Staat überhaupt Schulden auf?“. Die Antwort ist so simpel wie das Ergebnis von 1+1. In erster Linie, damit Investitionen zum Wohle der Bürger getätigt werden können. Warum denn sonst? Durch staatliche Kreditaufnahme – und sei sie noch so hoch – wird es ermöglicht, dass in essenzielle Bereiche des Lebens wie Infrastruktur, Forschung und Bildung investiert wird. Es baut sich nun mal nicht alles von selbst auf, es sind hohe Ausgaben erforderlich, die oft nicht allein durch Steuereinnahmen gedeckt werden können. Wenn man einigermaßen unversehrt von A nach B fahren möchte, sollte man die Situation in der Infrastruktur initiativ infrage stellen. Ein paar Teergeraden könnten eine Sanierung hinsichtlich ihrer Schlaglöcher im Osteuropa-Style gebrauchen, von der generellen Anbindung des ÖPNV ganz zu schweigen. Der DB, vor allem durch ihre Pünktlichkeit und wenigen Baustellen bekannt, kann man schon auch mal einen besonders besorgten Blick zuwenden. Auch in die Bildung, welche in heutigen Zeiten definitiv etwas zu kurz kommt, darf ruhig gerne mehr investiert werden. Durch staatliche Kreditaufnahme können die teils maroden, vollkommen unmodernen und oft einfach nur unansehnlichen Schulgebäude wenigstens einigermaßen an das 21. Jahrhundert angepasst werden. Wie sollen denn Deutschlands Schüler und Lehrer sonst angenehm lernen und lehren, wenn das Umfeld nicht passt? Bildung ist schließlich eines der höchsten Güter der Menschheit und man braucht sich nicht wundern, wenn durch fehlende staatliche Maßnahmen diese immer weiter vernachlässigt wird. Sieht man hervorragend am Mindset von 20 Prozent der deutschen Wahlberechtigten. 

Wer allerdings immer noch kritische Blicke auf Staatsschulden wirft, dem empfehle ich einfach mal, einen ebenso kritischen Blick auf die Wirtschaft allgemein zu richten. Auf eine Krise folgt die nächste. Coronapandemie, Ukrainekrieg, Inflation, man kommt ja gar nicht mehr hinterher. Wer soll sich denn in diesen wirtschaftlich instabilen Zeiten noch auskennen? Kann man diese Lage vielleicht wieder einigermaßen in den Griff bekommen? Natürlich kann man das, wenn man gewillt ist, Staatsschulden aufzunehmen. Das, was sie mit sich bringen, nennt sich Konjunkturstabilisierung. Wie, was das ist? Nun ja, leicht gesagt. Der Begriff meint die Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Lage eines Landes. Durch die Aufnahme von Krediten kann Deutschland antizyklische Maßnahmen umsetzen, also gegen den aktuellen Trend an den Märkten handeln. 

Sinnvollerweise hat Deutschland etwa während der Coronapandemie und des Ukrainekriegs die Notbremse gezogen und die Schuldenbremse ausgesetzt. Auch, wenn Bambi darüber not so amused war. Glücklicherweise haben unsere Politiker nicht versucht, durch Sparmaßnahmen etwas zu erreichen. Warum war die Aussetzung sinnvoll? Damit wir uns nicht den Hintern abfrieren oder sonstige Existenzsorgen haben müssen, Strom- und Gaspreisbremse sei Dank. Ohne diese Investitionen hätten wir schön blöd geschaut, da die Wirtschaft sonst definitiv mehr den Bach heruntergegangen wäre, als sie es ohnehin tut. Wenn die Wirtschaft sich übrigens wieder erholt hat, kann der Staat Geld sparen, um somit die Schulden wieder zurückzuzahlen. Richtig clever, lieben wir. Es gibt aber noch viel mehr, was für eine stabile Wirtschaft und ein Wohlbefinden in der Bevölkerung ebenso wichtig ist. Kann ja logischerweise nicht nur eine stabile Wirtschaftslage sein. Die zwei Zauberwörter sind konstante Steuersätze. Wer eins und eins zusammenzählt, wird wohl feststellen, dass auch Staatsschulden zur Steuerglättung beitragen können. Was das schon wieder für ein Wort ist? Ruhig Blut, das ist einfach nur das Verlangen von konstanten Steuersätzen. Diese nicht zu haben, wäre ja ein echtes Horrorszenario. Also mal wirklich. Man stelle sich vor, Bambi oder sonst irgendwer hätte es durchgesetzt, dass die Aufnahme von Staatsschulden verboten wird. Dann hätte dies als kaltherzige Konsequenz, dass der Staat jedes Jahr aufs Neue die Steuersätze anpassen müsste, um diese in Jahren mit hohen Staatsausgaben decken zu können. Was das alles für ein brutal bürokratischer Aufwand wäre, mag man sich gar nicht vorstellen. Dem Rehlein läuft da scheinbar kein eiskalter Schauer über den Rücken, sofern es überhaupt mal daran gedacht hat. Außerdem hätten wir BürgerInnen aber mal überhaupt keine Planungssicherheiten, weil wir stets in der unaushaltbaren Unwissenheit schweben würden, inwiefern uns Steuern einen Strich durch die Rechnung machen würden. Gar nicht auszumalen, was da für soziale Unruhen herrschen würden. 

Mal ganz davon abgesehen, dass unser dilemmaliebendes Deutschland nie so exzessiv verschuldet war, dass wir in einem wirtschaftlichen Kollaps geendet hätten. Man sehe den Schuldenberg Resteuropas und nicht zuletzt den des Landes der unbegrenzten rechten Möglichkeiten, allesamt mehr als wir. Da können wir uns mit unseren zwei bis drei Milliärdchen schon zufriedengeben, auch wenn einige Herr- und Damenschaften die schiere Panik reitet, irgendwann in irgendeinem Schuldenschlamassel zu stecken. An der Schuldenbremse zu rütteln wäre ja auch überaus unanständig.

Bambi und Scholzomat werden nichts an ihren Ansichten verändern. Aber das ist ja kein Problem, der Februar bringt politisch neuen Wind. Hoffen wir einfach mal, dass Fischers Fritz wirklich gewillt ist, der Schuldenbremse ein Update zu geben. Immerhin hat er in der Diskussion die Reform der Schuldenbremse nicht verleugnet. Geht ja schließlich auch um Männer und nicht nur deren Pendant, da kann man schon etwas Reformbereitschaft verlangen. Oder etwa nicht?

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Warum Schulden keine Bremse sein sollten

Robin Lücke

Der November war für uns alle ein politisches Durcheinander. Von Trumps Sieg bei den US-Wahlen bis hin zum Bruch der Ampelkoalition war alles dabei. Die beiden großen Akteure bei letzterer waren der teils gelobte, teils kritisierte Kanzler Olaf „Scholzomat“ Scholz und der ebenfalls sowohl gelobte als auch kritisierte Ex-Finanzminister Christian „Bambi“ Lindner. Viele konträre Ziele und Ansichten prallten bei diesen Charakteren aufeinander, vor allem in der Finanzpolitik. Der große Streitpunkt hierbei war unter anderem die Thematik um Staatsschulden und die Schuldenbremse. Bambi und Scholzomat vertraten Ansichten, die in etwa so weit entfernt waren wie Markus Söder vom Veganismus oder Alice Weidel vom Geschichtsunterricht. Für Lindner haben Staatsschulden einen ganz schlechten Ruf. Belastung für künftige Generationen, Risiko für finanzielle Stabilität und so weiter und so fort. Für ihn ist die Schuldenbremse dementsprechend mindestens genauso wichtig wie Sauerstoff. Doch entspricht das wirklich der Realität? Scholz steht der Aufnahme von Staatsschulden nicht ganz so kritisch gegenüber, er sieht sie sogar eher als Chance für die jüngeren Generationen. Lindner zieht in diesem Falle eindeutig den Kürzeren. Ganz eindeutig. Staatsschulden können nämlich durchaus – im Gegenteil zu Lindners läppischem Liebling namens Schuldenbremse – positive Aspekte für jedermann mit sich bringen. 

Man muss sich erst einmal die Frage stellen „Warum nimmt denn ein Staat überhaupt Schulden auf?“. Die Antwort ist so simpel wie das Ergebnis von 1+1. In erster Linie, damit Investitionen zum Wohle der Bürger getätigt werden können. Warum denn sonst? Durch staatliche Kreditaufnahme – und sei sie noch so hoch – wird es ermöglicht, dass in essenzielle Bereiche des Lebens wie Infrastruktur, Forschung und Bildung investiert wird. Es baut sich nun mal nicht alles von selbst auf, es sind hohe Ausgaben erforderlich, die oft nicht allein durch Steuereinnahmen gedeckt werden können. Wenn man einigermaßen unversehrt von A nach B fahren möchte, sollte man die Situation in der Infrastruktur initiativ infrage stellen. Ein paar Teergeraden könnten eine Sanierung hinsichtlich ihrer Schlaglöcher im Osteuropa-Style gebrauchen, von der generellen Anbindung des ÖPNV ganz zu schweigen. Der DB, vor allem durch ihre Pünktlichkeit und wenigen Baustellen bekannt, kann man schon auch mal einen besonders besorgten Blick zuwenden. Auch in die Bildung, welche in heutigen Zeiten definitiv etwas zu kurz kommt, darf ruhig gerne mehr investiert werden. Durch staatliche Kreditaufnahme können die teils maroden, vollkommen unmodernen und oft einfach nur unansehnlichen Schulgebäude wenigstens einigermaßen an das 21. Jahrhundert angepasst werden. Wie sollen denn Deutschlands Schüler und Lehrer sonst angenehm lernen und lehren, wenn das Umfeld nicht passt? Bildung ist schließlich eines der höchsten Güter der Menschheit und man braucht sich nicht wundern, wenn durch fehlende staatliche Maßnahmen diese immer weiter vernachlässigt wird. Sieht man hervorragend am Mindset von 20 Prozent der deutschen Wahlberechtigten. 

Wer allerdings immer noch kritische Blicke auf Staatsschulden wirft, dem empfehle ich einfach mal, einen ebenso kritischen Blick auf die Wirtschaft allgemein zu richten. Auf eine Krise folgt die nächste. Coronapandemie, Ukrainekrieg, Inflation, man kommt ja gar nicht mehr hinterher. Wer soll sich denn in diesen wirtschaftlich instabilen Zeiten noch auskennen? Kann man diese Lage vielleicht wieder einigermaßen in den Griff bekommen? Natürlich kann man das, wenn man gewillt ist, Staatsschulden aufzunehmen. Das, was sie mit sich bringen, nennt sich Konjunkturstabilisierung. Wie, was das ist? Nun ja, leicht gesagt. Der Begriff meint die Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Lage eines Landes. Durch die Aufnahme von Krediten kann Deutschland antizyklische Maßnahmen umsetzen, also gegen den aktuellen Trend an den Märkten handeln. 

Sinnvollerweise hat Deutschland etwa während der Coronapandemie und des Ukrainekriegs die Notbremse gezogen und die Schuldenbremse ausgesetzt. Auch, wenn Bambi darüber not so amused war. Glücklicherweise haben unsere Politiker nicht versucht, durch Sparmaßnahmen etwas zu erreichen. Warum war die Aussetzung sinnvoll? Damit wir uns nicht den Hintern abfrieren oder sonstige Existenzsorgen haben müssen, Strom- und Gaspreisbremse sei Dank. Ohne diese Investitionen hätten wir schön blöd geschaut, da die Wirtschaft sonst definitiv mehr den Bach heruntergegangen wäre, als sie es ohnehin tut. Wenn die Wirtschaft sich übrigens wieder erholt hat, kann der Staat Geld sparen, um somit die Schulden wieder zurückzuzahlen. Richtig clever, lieben wir. Es gibt aber noch viel mehr, was für eine stabile Wirtschaft und ein Wohlbefinden in der Bevölkerung ebenso wichtig ist. Kann ja logischerweise nicht nur eine stabile Wirtschaftslage sein. Die zwei Zauberwörter sind konstante Steuersätze. Wer eins und eins zusammenzählt, wird wohl feststellen, dass auch Staatsschulden zur Steuerglättung beitragen können. Was das schon wieder für ein Wort ist? Ruhig Blut, das ist einfach nur das Verlangen von konstanten Steuersätzen. Diese nicht zu haben, wäre ja ein echtes Horrorszenario. Also mal wirklich. Man stelle sich vor, Bambi oder sonst irgendwer hätte es durchgesetzt, dass die Aufnahme von Staatsschulden verboten wird. Dann hätte dies als kaltherzige Konsequenz, dass der Staat jedes Jahr aufs Neue die Steuersätze anpassen müsste, um diese in Jahren mit hohen Staatsausgaben decken zu können. Was das alles für ein brutal bürokratischer Aufwand wäre, mag man sich gar nicht vorstellen. Dem Rehlein läuft da scheinbar kein eiskalter Schauer über den Rücken, sofern es überhaupt mal daran gedacht hat. Außerdem hätten wir BürgerInnen aber mal überhaupt keine Planungssicherheiten, weil wir stets in der unaushaltbaren Unwissenheit schweben würden, inwiefern uns Steuern einen Strich durch die Rechnung machen würden. Gar nicht auszumalen, was da für soziale Unruhen herrschen würden. 

Mal ganz davon abgesehen, dass unser dilemmaliebendes Deutschland nie so exzessiv verschuldet war, dass wir in einem wirtschaftlichen Kollaps geendet hätten. Man sehe den Schuldenberg Resteuropas und nicht zuletzt den des Landes der unbegrenzten rechten Möglichkeiten, allesamt mehr als wir. Da können wir uns mit unseren zwei bis drei Milliärdchen schon zufriedengeben, auch wenn einige Herr- und Damenschaften die schiere Panik reitet, irgendwann in irgendeinem Schuldenschlamassel zu stecken. An der Schuldenbremse zu rütteln wäre ja auch überaus unanständig.

Bambi und Scholzomat werden nichts an ihren Ansichten verändern. Aber das ist ja kein Problem, der Februar bringt politisch neuen Wind. Hoffen wir einfach mal, dass Fischers Fritz wirklich gewillt ist, der Schuldenbremse ein Update zu geben. Immerhin hat er in der Diskussion die Reform der Schuldenbremse nicht verleugnet. Geht ja schließlich auch um Männer und nicht nur deren Pendant, da kann man schon etwas Reformbereitschaft verlangen. Oder etwa nicht?

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