
Ich bin dann mal weg – Wie ist das so auf Weltreise?
Unsere Redakteurin Bernadette hat kürzlich ihre Freundin Sandra interviewt, die gerade eine Weltreise macht. Von Essigflaschen am Strand, Wallabys und Hobbithäuschen…
Hallo liebe Sandra, im Moment sitze ich an meinem Schreibtisch in einer Kleinstadt in Bayern. Wir haben zwar bereits Anfang Juni, aber das Wetter ist sich noch nicht ganz sicher, was es will: Nachts rutscht das Thermometer immer wieder Richtung Null und abgesehen von einer Handvoll Ausnahmen hält sich die Sonne eher bedeckt.
Wo bist du denn gerade und wie ist das Wetter dort?
Ich bin gerade in Christchurch auf der Südhalbinsel von Neuseeland. Hier hat es tagsüber angenehme 20 Grad, bei Sonne schon mal bis zu 25 Grad. Nur nachts wird es frisch, da sinkt es bis zehn Grad ab.
Wie kommt es denn, dass du gerade in Neuseeland bist?
Ich mache gerade eine Weltreise, wobei „Welt“ ein sehr großer Begriff ist. Ich kann mir innerhalb eines Jahres natürlich nicht die ganze Welt anschauen. Aber ich reise dorthin, wo auch immer ich hinwill. Ohne genauen Plan. Auf meiner Reise entscheide ich immer wieder, wohin es als nächstes geht.
Meine Reise hat in Australien angefangen, das stand schon seit Jahren auf meiner To-Do-Liste. Ich dachte mir, wenn ich ohnehin schon in der Nähe bin, dann reise ich auch gleich nach Neuseeland, denn wie oft kommt man schon so weit?
Wie lange bist du schon auf deiner Weltreise und wie lange wird sie noch dauern?
Ich bin jetzt schon seit dem 13.01. unterwegs – die Zeit vergeht auf einer Reise krass schnell.
Ich bleibe noch ungefähr einen Monat in Neuseeland, danach fliege ich auf die Fiji-Inseln.
Wie es im Anschluss daran weitergeht, weiß ich noch nicht, vielleicht reise ich spontan nach Asien weiter und besichtige Bali, Thailand oder Vietnam.
Eventuell kehre ich auch für eine kurze Sommerpause wieder zurück nach Deutschland – gehe zwischenzeitlich arbeiten und verdiene mir Geld für mein nächstes Reiseziel. Von August bis September bin ich dann in den USA, wo ich drei Konzerte – Dua Lipa, Tate McRae und The Weekend – besuche.
Das klingt schon mal nach einem großartigen Reiseplan! Organisierst du das alles selbst, hast du dir irgendwo schon vorgefertigte Routen rausgesucht oder hattest du Hilfe von einer Reiseagentur?
Zwei Mal wurde mir sehr gut von Happy Travels geholfen. Die kreieren Routen, kennen die besten Reisespots und machen dir gute Vorschläge.
Ansonsten war ich bisher überwiegend allein unterwegs, habe Ausflüge selbst organisiert und immer gegoogelt, was man vor Ort machen kann.
Konntest du auch den ein oder anderen Geheimtipp von Locals vor Ort abstauben?
Zu den Locals hatte ich eher weniger Kontakt, da ich zumindest in Australien meist von Hostel zu Hostel gereist bin. Die Angestellten dort sind in der Regel auch Touristen, etwa im Rahmen eines Work-and-Travel-Programms, sodass ich mir dort nur Ratschläge zu den gängigen Reiserouten holen konnte.
Wo wir gerade schon bei Australien sind – was hast du dort erlebt?
Mein Plan war es, die komplette Ostküste zu bereisen. Das machen auch die meisten Touristen in Australien: vom Norden runter bis nach Melbourne.

Direkt am Anfang war ich in Sydney, das habe ich sehr geliebt. Die Stadt ist zwar groß und es gibt viel zu sehen, aber man findet auch viele ruhige Plätze, wie z.B. Parks. Ein Muss war natürlich das Opera House und die Harbour Bridge. Generell war ich viel zu Fuß unterwegs – teilweise 30 000 Schritte am Tag. Einmal bin ich auch mit einer Fähre nach Manly Beach gefahren.

Von Sydney aus habe ich für nur sieben Dollar eine dreistündige Zugfahrt in die Blue Mountains gemacht. Das ist ein Nationalpark mit Bergen und Bäumen, in dem man an Wasserfällen entlangwandern und Kakadus sehen kann.
Zum Thema Tiere habe ich eine wichtige Frage. Du ahnst es vielleicht schon – hast du auch Kängurus und Koalas gesehen?

Am häufigsten sieht man Wallabys, das ist eine Gattung der Kängurus, allerdings sind die viel, viel kleiner. Große Kängurus kann man auch sehen, meistens in einem geschützten Reservat. Dort habe ich tatsächlich auch zwei Koalas gesehen.
Da wir jetzt ohnehin bei den australischen Klischees angelangt sind: Wie sieht es aus mit dem Ungeziefer?
Ein paar Spinnen habe ich tatsächlich gesehen, die sind auch größer als bei uns, allerdings findet man diese eher in Richtung Outback und Regenwald. In der Zivilisation ist es lange nicht so schlimm wie wir Deutschen vielleicht denken. Ich habe z.B. auch keine einzige Schlange gesehen. Ein paar Mädels haben mir zwar von Schlangen in ihrem Hostel berichtet, das waren aber nur kleine.
Gefährlicher ist es da eher im Wasser. Alle hundert Meter schwimmt ein Hai und tauchen sollte man nur im Ganzköperanzug, um sich vor den Quallen zu schützen. Deswegen gibt es übrigens an den meisten Stränden eine Flasche Essig für den Notfall, denn mancher Nesselkontakt kann einen Menschen innerhalb von 30 Minuten umbringen.
Wow, die australischen Strände haben es also in sich! Dabei hatte ich immer so ein idyllisches Bild von den typischen Surfer-Küsten.

Der schönste Strand war für mich Bondi Beach. Dort gibt es einen Wanderweg an der Küste, von dem aus hatte ich einen mega Ausblick auf die Landschaft und auf das Meer. Mit den Surfern war das genau das Bild, das man sich unter Australien vorstellt.
Hast du dich auch einmal auf ein Brett gewagt?
Ja, das war dann schon bei einem nördlicheren Reisestopp in Byron Bay. Dort habe ich mir zweimal Surfstunden gebucht. Das hat zwar richtig Spaß gemacht, war aber auch unfassbar anstrengend und danach hatte ich Muskelkater am ganzen Körper.
Wenn ich an Australien denke, dann fallen mir direkt der Ayers Rock und das Great Barrier Reef ein. Hast du dir etwas davon angesehen?
Um den Ayers Rock zu sehen, müsste man nochmal extra in die Mitte Australiens fliegen und viele Touristen sind der Meinung, dass der Berg „overrated“ ist. Ich hätte ihn zwar trotzdem gern gesehen, aber das wäre zu weit von meiner restlichen Reiseroute abgewichen.

Am Great Barrier Reef war ich von Cairns aus schnorcheln, das liegt an der nördlichen Ostküste. Das Riff ist ja Kilometer lang, von dem her gibt es mehrere Orte, die Schnorchel- und Tauchausflüge anbieten. Wer will kann auch mit Flasche tauchen und mit anderthalb Stunden bekommt man ausreichend Zeit, um sich Unterwasser umzusehen. Das erscheint einem dann wie eine ganz andere Welt, denn die Korallen sind an manchen Stellen so nah, dass man fast darauf stehen könnte. Ich habe Schildkröten und viele verschiedene Fische entdeckt. Mit der Sonne hatte ich auch Glück, denn das ganze Meer hat geglitzert.
Was war dein absolutes Highlight in Australien?

Das war ganz klar mein Aufenthalt auf Fraser Island. Drei Tage lang war ich mit vier weiteren Mädchen aus Deutschland und drei Engländern auf einer Inseltour. Wir haben z.B. Strandrundfahrten in Jeeps gemacht, sind in einem See geschwommen und haben eine Grotte besichtigt. In unserem Camp gab es weder Strom noch fließendes Wasser. Deshalb haben wir viel Zeit ohne unsere Handys verbracht und konnten uns sehr gut kennenlernen. Wir haben z.B. zusammen gekocht und haben abends zusammengesessen, bevor wir uns in den Zelten schlafen gelegt haben. Zu den Mädels habe ich jetzt immer noch Kontakt.
Dann hast du aus Australien also nicht nur wertvolle Erfahrungen, sondern auch neue Freundschaften mitgenommen. Im Moment bist du in Wellington. Wie bist du von Australien aus dort hingekommen?
Von Australien aus bin ich drei Stunden nach Neuseeland geflogen.
Innerlands habe ich in Australien weite Strecken per Bus zurückgelegt. In Neuseeland geht das so nicht mehr. Hier macht es Sinn, sich ein Auto zu mieten, denn das Sehenswerte ist die Natur, die so unbeschreiblich schön ist, dass man alle hundert Meter anhalten muss, um die Umgebung zu bestaunen.
Mir war schon anfangs nach einer Woche auf der Nordinsel klar, dass Neuseeland das schönste Land sein muss, in dem man jemals gewesen sein kann. Einfach nur wegen dieser einzigartigen Natur. Aber man muss selbstverständlich auch der Typ für so ein Land sein, der Gefallen an der Umwelt findet. Hier gibt es nicht viele große, sondern viele kleine Städte und man trifft eher auf Campingplätze statt auf Hostels.
Ich kenne Neuseeland in erster Linie aus den „Herr der Ringe“ Filmen, die dort gedreht wurden. Allein deswegen finde ich die neuseeländischen Landschaften so faszinierend.
Tatsächlich habe ich während meiner ersten Woche hier das Hobbiton-Filmset besichtigt. Das sind viele kleine Häuschen und in eines, das von Frodo und Bilbo, kann man sogar reingehen. Das ist sehr interessant, v.a. wenn man die Filme gesehen hat.

Davor war ich in einer Glühwürmchenhöhle. Dazu steigt man in ein kleines Boot und fährt damit auf dem Wasser in eine Höhle. Dort ist es dann ganz still, keiner macht Bilder, sondern man genießt einfach den Anblick der Lichter. Das war so schön, dass ich sogar weinen musste.

Übrigens wurde noch ein bekannter Fantasyfilm hier in Neuseeland gedreht. Auf der Nordinsel befindet sich die Cathedral Cove, die in einer Szene der „Narnia“ Verfilmungen zu sehen ist. Das ist ein Strand mit einer Höhle, zu dem man eine Stunde hinwandern muss. Aber der Weg lohnt sich. Letztendlich steht man dort am Strand und findet keine Worte, weil dieser Ort so unbeschreiblich schön ist. Das war direkt ein Wow-Erlebnis am Anfang meiner Reise durch Neuseeland und gehört bis heute zu meinen Highlights.
Um bei den Highlights zu bleiben: Welche Erlebnisse waren in Neuseeland besonders schön für dich?

Noch auf der Nordinsel haben mich z.B. die Redwoods sprachlos gemacht. Zwischen den Bäumen läuft man auf Hängebrücken und von den Ästen hängen bunte Laternen, sodass der Wald in der Nacht besonders magisch wirkt.

Auf der Südinsel hat mich z.B. der Lake Wakatipu mit seinem glasklaren Wasser fasziniert, in dem sich teilweise die Berge im Hintergrund spiegeln.
Vor ein paar Tagen habe ich eine Schiffsfahrt in Milford Sound gemacht, das sind Fjorde wie in Skandinavien. Wir sind zwischen den grünen, mit Moos und Bäumen bedeckten Bergen durchgefahren, von denen sich unzählige Wasserfälle stürzen: große und kleine in allen möglichen Formen, manche sogar über 200 Meter hoch. Selbst das Wetter tut dem beeindruckenden Anblick keinen Abbruch – im Gegenteil: die Bewölkung hat erst recht zur mystischen Atmosphäre beigetragen.

Aber das allerschönste Erlebnis war für mich wahrscheinlich die Wanderung am Mount Cook, da trifft man wieder auf eine komplett andere, aber unwahrscheinlich schöne Landschaft. Theoretisch bräuchte man für den Hin- und Rückweg insgesamt drei Stunden. Praktisch habe ich eher um die sechs Stunden gebraucht, weil ich alle paar Meter stehengeblieben bin, um die Natur zu bestaunen. Wenn du am Ende ankommst, dann liegt vor dir ein riesiger See, in dem Gletscherschollen schwimmen. Dahinter und um dich herum sind Berge in allen möglichen Farben: blau, grün und braun. In der Mitte ragt ein besonders großer Berg hervor, umgeben von Wolken. Auf seiner Spitze liegt ein bisschen Schnee, der strahlt, wenn die Sonne direkt darauf scheint. Genau das ist Neuseeland!

Das klingt alles so wundervoll. Ich werde schon ganz neidisch, aber ich gönne dir deine Reise natürlich von ganzem Herzen. Hattest du bisher den Wunsch dauerhaft an einem Ort zu bleiben?
Als es langsam auf die Weiterreise nach Neuseeland zuging, dachte ich mir schon: „Ich will eigentlich gar nicht weg aus Australien, es gefällt mir hier so gut.“ Ich wusste ja, dass es hier in Neuseeland komplett anders werden würde – andere Temperaturen, die Natur, Unterkünfte und Aktivitäten.
Das war halt wieder eine Umstellung, aber man gewöhnt sich schnell an die Umstände und jetzt gefällt es mir hier sogar noch besser als in Australien. Australien wäre mir auf Dauer zu heiß und zu hektisch. Aber hier in Neuseeland könnte ich schon gut leben, damit hätte absolut kein Problem.
Es ist schön zu hören, dass es dir so gut gefällt. Freust du dich trotzdem bereits auf etwas nach deiner Rückkehr nach Deutschland?
Ich sage schon seit Wochen, dass ich unbedingt wieder Kässpätzle essen will. Das wird das Erste, das ich esse, sobald ich wieder zurück bin. Von dem abgesehen, klar vermisse ich meine Familie und Freunde, das ist logisch.
Sonst habe ich hier alles, was ich brauche: gutes Wetter, gutes Essen und ein gutes Bett. Ich habe kein Problem damit, aus dem Koffer zu leben, ich brauche keine tausend Klamotten. Gerade lebe ich ohnehin im Camping-Luxus, da ich mal richtige Frottee-Handtücher habe und gescheite Duschen verwenden kann – das ist für mich fast schon „Glamping“.
Wo wir gerade vom „Glamping“ sprechen – wie sieht denn dein typischer Reisealltag in Neuseeland aus?
Seit etwa drei Wochen bin ich mit einem gemieteten Van unterwegs.
Auf den meisten Campingplätzen muss man um zehn Uhr morgens auschecken, davor gibt es aber noch Frühstück. Danach fahre ich wie geplant in eine bestimmte Gegend oder an einen besonderen Ort, den ich mir vorgenommen hatte. Dort mache ich meistens eine kleine Wanderung, schieße ein paar Fotos und setze mich einfach für ein paar Minuten hin, um die Aussicht und die Sonne zu genießen.
Wenn ich Hunger habe, bleibe ich auf einem Parkplatz stehen, packe eine kleine Herdplatte aus und nach dem Essen erledige ich den Abwasch im kleinen eingebauten Waschbecken.
Ansonsten fahre ich weiter, bis ich abends auf dem nächsten Campingplatz einchecke. Ich schlafe in meinem Van, da liegen innen einige Polster aus, die mein Bett bilden. Das ist aber viel besser als es jetzt klingt – ein richtig bequemes Bett. Guter Schlaf ist natürlich wichtig auf einer Reise, vor allem wenn man am nächsten Tag wieder viel unterwegs ist. Auf den Plätzen bleibe ich nämlich meistens nur eine Nacht, sodass ich gut vorankomme.
Du machst also kein Work-and-Travel? Wie finanzierst du deine Reise denn?
Ich konnte bisher gut von meinen Ersparnissen leben. Ich hatte vor meinem Reiseantritt für vier bis fünf Jahre gearbeitet und mir nebenbei ein, zwei Jahre lang als Babysitterin etwas dazuverdient. Den Großteil davon habe ich mir aufgespart und nie groß ausgegeben.
Was man auf so einer Reise an Geld ausgibt, ist eigentlich schwer einzuschätzen. Ich verwende da eine App, in der ich meine Ausgaben für Wäsche, Transport und Essen eintrage, um den Überblick zu behalten. Und wenn ich einmal in der Woche einkaufen gehe, achte ich eben darauf das Günstigste zu nehmen. Das hängt natürlich auch stark von dem Land ab, in dem man sich gerade befindet. Neuseeland ist z.B. an sich schon teurer als Australien und dann kommen noch die Kosten für den Sprit dazu. Ich habe allerdings mitbekommen, dass viele Reisende ihr Budget umgerechnet auf etwa 40 Euro pro Tag ausrichten.
Apropos „umgerechnet“, auf welche Währungen musstest du dich umstellen?
Das ist zum einen der Australische Dollar, der entspricht etwa 60 Cent. Hier in Neuseeland gibt es auch einen eigenen Neuseeländischen Dollar, der lässt sich auf ca. 45 Cent umrechnen.
Also stellt die Finanzierung glücklicherweise keine Schwierigkeit für dich dar.
Bist du denn auf deiner Reise bereits Problemen begegnet? Wie hast du sie gemeistert?
In Australien war es eine Zeit lang schwierig. Was die meisten Reisenden – mich eingeschlossen – nicht wissen ist, dass es dort auch eine Regenzeit gibt. In Queensland war sie dieses Jahr sehr extrem, so stark war sie anscheinend schon seit einigen Jahren nicht mehr. Nach tagelangen Niederschlägen kam es zu Überflutungen, sodass Busverbindungen und Flüge ausgefallen sind und sogar Hostels evakuiert werden mussten.
Ich hatte allerdings noch ziemlich viel Glück, da sich meine ursprüngliche Reiseroute durch einen Buchungsfehler geändert hatte. In den meisten Fällen war ich der Regenfront voraus und bereits weitergereist bis sie in einer Ortschaft eintraf. Einmal war ich allerdings für zwei Tage an einem Ort festgesteckt, um auf den nächsten Bus zu warten. Dort musste ich dann erstmal spontan nach einem Hostel suchen, obwohl ich in dem Ort nicht wirklich was zu tun hatte.
Sind denn in solchen Situationen auch mal Zweifel an deiner Entscheidung aufgekommen?
Ziemlich am Anfang meiner Reise hatte ich so eine Situation.
Die erste Woche hatte ich in Sydney verbracht, da gab es viel zu sehen und viel zu tun. Danach bin ich mit dem Bus 13 Stunden lang Richtung Norden in eine ruhigere Ortschaft namens Byron Bay gefahren. Dort bin ich morgens angekommen und hatte keine Ahnung, was ich nun machen sollte. Da sind dann Zweifel aufgekommen: Ich bin noch nie allein verreist und dann direkt so weit weg nach Australien? Habe ich übertrieben mit einer Weltreise? Soll ich das ganze abbrechen? All die Jahre dachte ich, eine Weltreise wäre mein Traum. Wenn ich das jetzt abbreche, dann enttäusche ich mich selbst. Außerdem habe ich es jetzt schon jedem erzählt. Die denken sich doch dann: „erst erzählt die groß von ihrer Reise und dann kommt die nach einer Woche wieder zurück.“
Zusätzlich hatte ich mich zu dem Zeitpunkt mit meinen eigenen Reiseplänen unter Druck gesetzt. Ursprünglich wollte ich nämlich bereits Ende März nach Japan weiterreisen, um dort pünktlich zur Kirschblütezeit anzukommen. Es ist allerdings nicht so leicht, das richtige Zeitfenster dafür einzuplanen, denn die Blütezeit umfasst nur ein paar Tage und weicht von Jahr zu Jahr etwas ab. Ich hatte also ständig im Hinterkopf, dass ich dieses Event auf keinen Fall verpassen durfte und dass ich dafür nicht so lange in Neuseeland bleiben konnte. Kurzum: mein Kopf war nicht wirklich bei der Reise in Australien, sondern schon zwei Monate in der Zukunft.
Was mir in der Situation sehr geholfen hat, war ein Anruf bei meiner Mutter. Sie ist meine erste Ansprechperson in solchen Momenten. Sie gab mir den Rat, so lange zu bleiben, wie ich will und es so zu machen, wie ich es will. Also habe ich die japanische Kirschblütezeit vorerst von meiner Reiseliste entfernt, denn die Bäume werden in den nächsten Jahren sicherlich auch noch blühen, das kann ich also ein andermal nachholen. Stattdessen ist mir wichtig, dass ich mir auf meiner Reise für jedes Land Zeit nehme und dass ich auch mal länger an einem Ort bleiben kann, wenn es mir dort gefällt.
Seit dieser einen anfänglichen Krise sind auch gar keine Zweifel mehr aufgetaucht – im Gegenteil.
Jetzt denke ich mir: „Wow, ich will gar nicht mehr heim!“
Als ich zum ersten Mal von deinem Vorhaben gehört habe, war das natürlich erst einmal eine enorme Überraschung und Vorfreude, von deinen Erfahrungen zu hören. Aber eine der ersten Fragen, die für mich aufgekommen sind, war: Wie sicher ist es eigentlich, als junge Frau ein Jahr lang allein in fremden Ländern unterwegs zu sein?
Ich hatte am Anfang auch Bedenken, besonders bei dem Gedanken daran, in Hostels zu übernachten. Da malt man sich schon ein paar Horrorgeschichten aus. Es gibt in den Unterkünften aber auch reine Frauenschlafsäle, die ich am Anfang gebucht habe. Ich habe mir sogar extra ein Schloss gekauft, dass ich im Notfall an Türen festmachen könnte.
Auf meiner Reise habe ich allerdings nach einiger Zeit gemerkt, dass man sich zumindest dort, wo ich unterwegs bin, keinen Kopf machen muss. Einmal habe ich durch Zufall einen gemischten Schlafsaal gebucht, aber da bestand das größte Risiko darin, dass es stinkt oder zu laut geschnarcht wird. Also ich habe mich kein einziges Mal unwohl gefühlt und buche seitdem öfter gemischte Unterkünfte, da die billiger sind.
Man muss allerdings bedenken, dass Australien und Neuseeland sehr sichere Länder sind. Es kann durchaus sein, dass sich die Lage in anderen Ländern unterscheidet.
Davon abgesehen, wie begegnen dir andere Menschen auf der Reise?
Grundsätzlich sind alle sehr nett. In den Hostels trifft man ja überwiegend auf andere Reisende aus vielen verschiedenen Ländern. Man quatscht zwischendrin ein bisschen miteinander und wenn jemand abreist, werden häufig übrige Sachen an andere Touristen weitergegeben, aber ansonsten bleibt man eher für sich. Das ist natürlich auch wieder von der Persönlichkeit abhängig, ich bin z.B. ohnehin eine etwas ruhigere Person. Es kam aber auch schon vor, dass ich einige Zeit mit Fremden verbracht habe, die ich erst seit einem Tag kannte, weil die Sympathie und die Stimmung zwischen uns so gut gepasst haben.
Hier auf neuseeländischen Campingplätzen ist dieser Kontakt zu anderen Reisenden eher die Ausnahme. Allerdings haben mich heute Morgen beim Frühstück australische Touristen angesprochen, die heute abreisen und mir ihre übrigen Dinge überlassen haben, z.B. eine Bettdecke und etwas Essen.
Ich bin mir sicher, dass man auf so einem Abenteuer ganz anders auf seine Mitmenschen zugeht und auch den sozialen Kontakt viel mehr schätzt. Ist dir bereits etwas an dir aufgefallen, dass sich durch deine Reise verändert hat?
Auf jeden Fall bin ich anderen gegenüber offener geworden und sicherlich wird man auf einer Reise insgesamt weltoffener.
Im Vergleich zum Leben zuhause, wo meine Mutter fast jeden Tag kocht, bin ich jetzt Selbstversorgerin. Ich muss ich mich jetzt darum kümmern, dass ich mich einigermaßen gesund ernähre.
Bei meinem Travelbuddy habe ich mir schon verschiedene Gerichte abgeschaut und Ideen gesammelt, wie man sich abwechslungsreich ernährt. Ich plane selbst, was ich kochen will und besorge die Sachen, die mir dafür noch fehlen. Das hat mich definitiv selbstständiger gemacht.
Australien und v.a. Neuseeland sind sehr reiche Länder, die besitzen hier Villen, Boote und fette Autos. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass man, wenn man in ärmeren Ländern reist, anfängt das, was man zuhause hat, mehr zu schätzen.
Ich bewundere deine Entscheidung total. Meiner Meinung nach gehört eine ordentliche Portion Mut dazu, einfach die Koffer zu packen und auf eigene Faust loszuziehen je nachdem wohin der Wind einen trägt. Was hat dich dazu bewegt diese Entscheidung zu fällen und inwiefern spielt Mut für dich bei deiner Reise eine Rolle?
Mich haben mehrere Punkte zur Reise bewegt. Zum einen war ich immer schon mit meiner Familie etwa zweimal pro Jahr im Urlaub. Dabei habe ich in den letzten Jahren gemerkt, wie sehr ich es liebe Fotos von schönen Orten zu machen. Also habe ich mir immer wieder aufgeschrieben, wo ich irgendwann einmal hinwill, bis eine ewig lange Reiseliste entstanden ist.
Natürlich denken sich die meisten dann: „das mache ich lieber, wenn ich einmal einen Freund habe oder mit einer guten Freundin.“ Aber ich habe mir bisher immer gesagt, wenn sonst niemand Zeit oder Lust hat, dann mache ich es eben allein. Deshalb war ich es schon gewohnt, z.B. ohne Begleitung auf Konzerte zu gehen, das hat mir bestimmt bei der Entscheidung geholfen.
Ein entscheidender Faktor war auch mein damaliger Job, bei dem ich mir dachte, dass ich das nicht mehr lange machen kann und ehrlich gesagt auch nicht will. Ich habe die Arbeit zu dem Zeitpunkt nur durchgezogen, weil ich keine Ahnung hatte, was ich sonst machen sollte.
Der erste konkrete Gedanke an eine Weltreise kam mir Mitte 2023 und spukte ab da andauernd durch den Kopf. Anfang 2024 beschloss ich dann, ja ich mach das! Damit ich mich noch ausreichend vorbereiten konnte, legte ich den Reisebeginn auf dieses Jahr.
Ich hatte zu Beginn der Planung zwar voll Schiss, das alles allein zu machen, aber in fünf Jahren hätte ich immer noch genau so viel Schiss gehabt. Außerdem war das der beste Zeitpunkt: kein Job, der mich zurückhält, keine eigene Wohnung, um die ich mich kümmern muss.
Natürlich habe ich oftmals geweint bei dem Gedanken daran, nahestehende Menschen für ein Jahr zurückzulassen. Doch das ist ja nicht für immer und für mich galt, wenn ich es jetzt nicht mache, dann werde ich es später bereuen.
Man sagt immer, dass man es mal macht, aber nie: „das mache ich jetzt!“
Wenn du der Sandra von vor ein paar Monaten, die sich gerade auf den Reisebeginn vorbereitet, eine Nachricht schicken könntest, was wäre sie?
Du brauchst dir nicht so viel Kopf machen, weil es viel besser wird als erwartet!
Auch, wenn es sich vorher nicht so anfühlt: das ist die richtige Entscheidung!
Du wirst nicht so viel allein sein, wie du es befürchtest. Du wirst überall neue Leute kennenlernen und so eine coole Zeit verbringen. Genieße jeden Moment und freu dich darauf!
Selbst heute, wenn ich nur im Van auf einem Campingplatz sitze und die Routen für die nächsten Tage vorplane, dann denke ich mir, dass ich gerade in Neuseeland bin und dass diese Tatsache allein schon etwas ganz Besonderes ist.
Jetzt im Nachhinein weiß ich, dass diese Reise die beste Entscheidung war, die ich je getroffen habe.
Vielen Dank liebe Sandra, dass du dir die Zeit genommen hast, um mir von deiner Weltreise zu erzählen. Deine Erfahrungen klingen so inspirierend, dass mich beim Zuhören gerade auch das Fernweh gepackt hat. Ich bin mir sicher, dass du in den kommenden Monaten noch weiter über deine Grenzen hinauswachsen und dich selbst intensiver kennen lernen wirst. Ich freue mich jetzt schon auf die nächsten Berichte von deinen Abenteuern. Weiterhin gute Reise und bis bald!
Ein Interview von Bernadette Doley
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