Herz,  Körper,  Leben

Voll schwul!

„Ey, siehst du heute schwul aus!“ „Bist du schwul oder was?!“ 

Kommentar von Johanna Berger

Na, hat wer diese Sätze noch nie gehört? Genau. Wie ich’s mir gedacht habe: Niemand. Also sind wir uns schon ‚mal einig, dass jede:r schon einmal einen „Missbrauch“ des Wortes schwul mitbekommen oder sogar selbst begangen hat. Aber wie zur Hölle ist denn ein Wort, welches einfach nur eine sexuelle Orientierung beschreibt, so befleckt worden? Oder lasst es mich anders formulieren: Ergibt es Sinn, ausgerechnet dieses Wort als praktischen Allrounder für die Beschreibung von etwas Schlechtem auszunutzen? 

Liebe Leser:innen, 

hierauf kann ich nur mit einem klaren und deutlichem NEIN antworten! Warum fragt ihr euch? Ganz einfach: Es ist weder cool noch lustig oder ein aus einer Bierlaune entstandener Samstag-Abend-Witz. Das Wort schwul ist eben kein Allrounder, welcher wie ein drei-in-eins Putzmittel verwendet werden kann.

Es sind dafür einfach zu viele Menschen – alleine aufgrund der gottgegebenen Tatsache, wen sie lieben – in den Knast gekommen oder wurden auch einfach mal locker lässig umgebracht. Ja und wisst ihr, wie lange das her ist? Richtig, eigentlich war es fast gestern. Denn der Paragraph 175 StGB, welcher die Homosexualität gesetzlich verboten hat, ist selbst hier in der Bundesrepublik Deutschland erst 1994 abgeschafft worden. Ja! Da lebten sogar schon die meisten eurer Eltern, oder vielleicht sind da auch schon ein paar Geschwister geboren worden. Jetzt muss man wirklich nicht Einstein sein, um zu der Schlussfolgerung zu kommen, dass die Verwendung des Wortes schwul in einem negativen Kontext 

  1. abwertend und diskriminierend, ja auch homophob könnte man es nennen,
  2. ein Rückschritt in vergangenes Jahrhundert (und das obwohl man sich heutzutage, mit der kompletten großen weiten Welt vernetzen kann),
  3. letztendlich einfach geschmacklos

ist.

Reichen euch diese Gründe, um wenigstens ein Fünkchen zu verstehen, warum manche Personen etwas gereizt auf dieses Thema reagieren? Nein? Okay, dann hab‘ ich noch einen winzigen Denkanstoß für euch: Wie kann eine Sexualität auf einmal den Style, die Frisur oder auch noch ein Benehmen beschreiben??? Also ich für meinen Fall sehe keine Parallele! Das ergibt genauso viel Sinn, wie das Wort kalt zur Beschreibung von Einbauschränken zu benutzen. Außerdem würde niemand den Einfall haben, auf die Heterosexualität einzuprügeln, indem er/sie das Wort hetero als Synonym für uncool benutzt. Oder kommt euch die Redewendung: „Das ist jetzt schon etwas hetero“ bekannt vor? Mir jedenfalls nicht.

Nun sind wir uns doch hoffentlich einig, dass schwul in seiner Bedeutung missbraucht (ihr wisst schon als Beleidigung oder so) einfach nur homophob ist. Und  Homophobie hätten wir schon längst im letzten Jahrhundert begraben sollen. 

Bild: Antonia Galster

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