Bestechende Antworten
Der Tätowierer Uwe Müller im Interview
Tattoos: Einige von uns haben bereits welche, während andere noch überlegen, ob sie eins wollen und wenn ja, welches Motiv es sein soll. Um vielleicht dem ein oder anderen die Entscheidung zu erleichtern, trafen wir den Tätowierer Uwe Müller, Inhaber des Studios „Ästhetik Tattoo“ in Neuburg. Wir stellten ihm einige Fragen zu seiner Tätigkeit aber auch zu Körperstellen und Motiven, ganz besonders im Hinblick auf das erste Tattoo.
INsider: Hi Uwe, danke, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit uns nehmen!
Uwe: Kein Problem, Jungs. Sehr gerne. Ich freu mich, dass ihr da seid.
INsider: Natürlich denken viele junge Leute darüber nach, sich ein Tattoo stechen zu lassen. Wann war das denn bei Ihnen zum ersten Mal der Fall?
Uwe: Mit 18 Jahren. Davor habe ich mir keine Gedanken über Tattoos gemacht.
INsider: Was hat Sie dann dazu bewegt, Tätowierer zu werden?
Uwe: Nach meinem 18. Geburtstag habe ich meine erste Tätowierung bekommen und fand das ziemlich cool. Mich hat es fasziniert, was der Tätowierer draufhatte. Das wollte ich unbedingt auch können.
INsider: Ziel erreicht, würden wir behaupten! Ihre Zeichnungen sehen schon ziemlich gut aus!
Uwe: Danke! Ich zeichne schon immer gern, dementsprechend hat sich der Job dann natürlich auch angeboten.
INsider: Der Beruf Tätowierer ist soweit wir wissen aber nicht offiziell anerkannt. Wie läuft die Ausbildung zum Tätowierer ab?
Uwe: Also: Man muss zuerst einmal ein Gewerbe anmelden, damit man tätowieren darf. Und dann heißt es „Learning by doing“. Man übt auf Kunst- oder auch auf Schweinehaut, Zweiteres ist ein bisschen ekelhaft. Natürlich kann man auch einfach in ein Tattoo-Studio gehen und anfragen, ob sie dort jemanden auf 450-Euro-Basis einstellen. Während man dann so das Tätowieren lernt, absolviert man parallel eine Ausbildung im Einzelhandel. Aber egal wie: Nur durchs Üben wird man von Zeit zu Zeit besser.
INsider: Hast du dann auch an dir selbst geübt?
Uwe: Ja, selbstverständlich!
INsider: Was waren das dann für Motive?
Uwe: Das waren ein paar kleine Tattoos am Bein. An andere Stellen komm ich nicht gut genug hin. (lacht)
INsider: Eins möchten wir unbedingt wissen: Wer jammert mehr oder hat mehr Angst beim Stechen – Frauen oder Männer?
Uwe: Das ist eine gute Frage und kann ich nur schwer beantworten (lacht). Es gibt einige Frauen, die viel aushalten, aber auch welche, die übelst abkacken. Und bei Männern ganz genauso. Es kommt mehr auf die Stelle und die Größe des Motivs an, als auf das Geschlecht. Eine kleine Schrift an der Rippe, die nur eine halbe Stunde dauert, ist weniger schmerzhaft als ein aufwändiges Motiv an der gleichen Körperstelle, für das man fünf Stunden braucht. Aber ich sag mal so: Insgesamt halten Frauen ein bisschen mehr aus!
INsider: Körperstelle ist ein gutes Stichwort. Jeder, der sich sein erstes Tattoo stechen lassen will, überlegt gut, wohin es soll. Gibt es eine Stelle, welche Sie für das erste Tattoo besonders empfehlen?
Uwe: Auf jedenfalls eine Körperregion, die man nicht immer sofort sieht, vielleicht den Oberarm oder die Brust. Viele wollen heutzutage ihr erstes Tattoo auf den Unterarm, aber das finde ich zu krass. Ich empfehle eine Stelle, die man mit Kleidung verstecken kann – vor allem, wenn man jung ist und noch nicht weiß, wo einen das Leben berufstechnisch hinführt.
INsider: Man hört immer wieder von unterschiedlichen Tattoo-Trends. Was sind denn aktuelle Trends? Und was halten Sie von diesen?
Uwe: Momentan lassen sich viele einen Tiger oder Löwen tätowieren. Das ist also nichts Individuelles mehr, aber trotzdem ein schönes Motiv. Wenn’s den Leuten gefällt, warum also nicht?
INsider: Ein weiteres gängiges Motiv sind Band- oder Vereinslogos. Was halten Sie davon?
Uwe: Finde ich cool, wenn man dahintersteht.
INsider: Wir interessieren uns außerdem für die Tinte: Gibt es da eine gängige, die jeder Tätowierer nutzt, oder schwört hier jeder auf eine bestimmte Marke?
Uwe: Also, man spricht hier nicht von Tinten, sondern von Tätowierfarben. Es gibt Tausende verschiedene Marken und jeder benutzt die, welche er am besten findet. Dafür muss man aber natürlich erst einmal ausprobieren, welche Farbe für einen selber am coolsten ist und mit welcher Farbe man besser klarkommt. Deutschland ist allerdings ziemlich streng darin, welche Farben zugelassen sind. Deshalb bestelle ich auch nur auf deutschen Seiten, die ausschließlich hier geprüfte und zugelassene Farben verkaufen. Aber ja, eigentlich benutzen die meisten Tätowierer eine von fünf bekannten Marken.
INsider: Klingt ziemlich interessant. Sie haben vorab erwähnt, dass Sie nur „black and grey“ stechen. Hat das einen bestimmten Grund oder ist das einfach Ihr Stil?
Uwe: Ich habe mit Bleistiftzeichnungen angefangen und noch nie mit Farbe gezeichnet. Ich persönlich finde das auch schöner. Es gibt Menschen, zu denen passen farbige Tattoos, aber es gibt auch diejenigen, die es lieber nur schwarz und grau mögen. Und genau das ist mein Stil, „black and grey“ ist mein Ding.
INsider: Was sagen sie zu dem Vorwurf, Tattoos seien gesundheitsschädlich?
Uwe: Was ist heutzutage nicht angeblich gesundheitsschädlich? (lacht) Ich habe noch keinen gesehen, der an einer Tätowierung gestorben ist. Klar, strenggenommen ist es eine Art Körperverletzung, für die der Kunde aber natürlich einwilligt. Mehr ist es aber auch nicht.
INsider: Haben Sie schon einmal von Vorfällen gehört, bei denen es aufgrund der Körperverletzung vor Gericht ging?
Uwe: Eigentlich nicht, denn wenn jemand zu mir kommt und ein Tattoo haben will, stimmt er dem Ganzen ja zu. Klingt verrückt, ist aber so! Vor Gericht kanns nur dann gehen, wenn ich statt einer Rose einen Elefanten tätowiere – aber auch nur, wenn wir das Ganze schriftlich festgehalten haben. Es kann natürlich sein, dass sich die Wunde nachträglich wegen mangelnder Pflege durch den Kunden entzündet, aber daran bin ich als Tätowierer nicht mehr schuld.
INsider: Gibt es auch Situationen, in denen Sie einem Kunden von einem Tattoo abraten? Haben Sie dafür ein konkretes Beispiel?
Uwe: Ja, das kommt schon mal vor. Einer meiner Kunden wollte sein erstes Tattoo auf die Hand. Das habe ich abgelehnt, obwohl es eigentlich eine schöne Stelle ist und ich durchaus Bock darauf gehabt hätte. Allerdings finde ich die Hand für das erste Tattoo ungeeignet, zweitens sieht es komisch aus, wenn man keine weiteren Tattoos am Körper hat. Das ist zumindest meine Meinung.
INsider: Gibt’s noch weitere Beispiele?
Uwe: Ja, ich rate meistens auch davon ab, sich frisch verliebt den Namen der Freundin oder des Freundes zu tätowieren. Oder aber auch wenn mir die Idee persönlich nicht gefällt. Dann sag ich durchaus auch: „Sorry, ne, das Motiv geht gar nicht, also mach ich’s auch nicht.
INsider: Es kommt also immer wieder vor, dass sich Kunden, die frisch verliebt sind, den Namen ihres Partners stechen lassen wollen?
Uwe: Ja, sehr oft sogar. Und das sowohl bei 18- als auch über 30-Jährigen. Wobei ich bei älteren Kunden durchaus denke: Okay, du bist alt genug. Bei jüngeren rate ich eher davon ab.
INsider: Stimmt es, dass bei unter 18-Jährigen die Eltern einwilligen müssen? Es gibt wohl auch Tätowierer, die Kunden erst ab 18 Jahren stechen. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Uwe: Das kommt ganz darauf an: Wenn ein 17-jähriges Mädchen mit einem coolen Motiv kommt, das nicht übertrieben und ihrem Alter entsprechend ist, passt das für mich. Die Eltern müssen aber definitiv bei allen unter 18-Jährigen mitkommen und einwilligen.
INsider: Welches Tattoo ist das ungewöhnlichste oder seltsamste, das Sie jemals gestochen haben?
Uwe: Ich hatte mal einen Kunden, eigentlich ein ziemlich cooler Typ, mit einem riesigen, wild vollgekritzeltem Blatt Papier. Und das wollte er eins zu eins auf seinem Arm haben. Das Motiv kann ich kaum beschreiben, ich weiß selbst nicht, was das war. Für mich war’s durchaus eine Überwindung, aber das ist Geschmackssache. Am Ende hatte er seinen ganzen Arm voll mit Kritzeleien und war glücklich. Das war durchaus das seltsamste Tattoo, das ich je gestochen habe.
INsider: Apropos Geschmackssache: Haben Sie selbst ein Tattoo, das Sie bereuen?
Uwe: Ja, ich glaube, das hat jeder Tätowierer (lacht). Das Motiv ist zwar nicht so schlimm, aber die Stelle ist blöd gewählt. Ich war 18 oder 19 und habe mir damals das Schulterblatt tätowieren lassen. Weil ich mir bald aber gerne den ganzen Rücken stechen lassen will, steht es dem etwas im Weg. Entweder ich lasse es mir einfach vorher per Laser entfernen oder wir tätowieren da einfach drüber. Abgesehen davon bin ich aber ganz zufrieden mit dem, was ich habe.
INsider: Danke, Uwe, dass Sie sich die Zeit genommen haben für unser Interview!
Uwe: Bitte, gerne. Hat Spaß gemacht!
Das Interview führten Daniel Mirlach und Jan Mayer
Bild: pixabay.com