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Mund auf. Stäbchen rein. Spender sein!

„Mit einer Registrierung kann man vielleicht seinen Kindern oder Enkeln erzählen, dass man einmal ein echter Held war.“

(Felix Ehrenpfordt)

Ein Interview mit Felix Ehrenpfordt

Pro Jahr erkranken in Deutschland rund 13.700 Menschen an Leukämie, rund 600 davon sind noch Kinder. Um diesen Menschen zu helfen, wurde 1991 die DKMS in Deutschland gegründet. Diese ist eine internationale und gemeinnützige Organisation, welche sich dem Kampf gegen Blutkrebs verschrieben hat.

Unsere Schülerzeitung und Reporterin Emily Mark hat aus diesem Grund ein Interview mit dem einst an Leukämie erkrankten Felix Ehrenpfordt geführt, der heute bei der DKMS Aktivist ist.

Möchtest du dich selbst kurz vorstellen? Wer bist du?

Ich bin Felix Ehrenpfordt, 21, und komme aus Wetzlar/Gießen. Zurzeit studiere ich Erziehungswissenschaften und arbeite in einer Wohngruppe von der Lebenshilfe, wobei ich behinderte Rentner im Alltag betreue, pflege und ihnen beistehe.


Was hast du mit der DKMS zu tun?


Meine Mutter hat, als ich damals Leukämie hatte, zusammen mit der DKMS zwei Spenden-und Typisierungsaktionen gestartet, dadurch kam es zu dem Kontakt mit der DKMS. Nach meiner vollständigen Genesung kam von der DKMS das Angebot, in einem Interview mit einem YouTube Influencer über das ganze Thema zu reden und für die Relevanz des Themas Jüngere zugänglich zu machen. Schließlich kann es jeden treffen! Das Video mit Herrn Bergmann findet ihr online.  Seit dem Interview meldet sich die DKMS gelegentlich zu Aktionen wie zum Beispiel der Gamescom oder dem Surffestival, bei denen man aushelfen kann und in den persönlichen Kontakt tritt. 


Wann hast du deine Diagnose bekommen?

Die erste Diagnose (chronische myeloische Leukämie, kurz CML) hatte ich mit 16 Jahren, nachdem ein Freund einen Motorradunfall hatte und ich für ein Blutbild zum Arzt sollte – ein Zufallsfund also. Die Therapie bestand dann erst ‚mal aus Tabletten, die mein Immunsystem daran hindern sollten, unfertige weiße Blutkörperchen auszuschütten, denn zu viele „falsche“ Blutkörperchen heißt, dass es zu wenig rote Blutkörperchen gibt, die den Körper mit Sauerstoff versorgen. Das führt in der Folge dann zu Organversagen. Diese Einnahme von Tabletten hat dann 1 ½ Jahre sehr gut geklappt, bis ich dann am 03.12.2018 zur monatlichen, routinemäßigen Kontrolle sollte. Hier war der Befund: Die Werte deutlich zu hoch und ab da startet quasi das zweite Kapitel!

Die CML wurde zu einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL), die in der ersten Nacht mit einer Chemotherapie behandelt wurden. Zu dem Zeitpunkt hatte ich in etwa 50% Blasten (d. h. unfertige Blutkörperchen) im Körper, was einer Überlebenschance von etwas 20-30% entspricht! 
Die Chemotherapie hat bei mir aber sehr gut angeschlagen und ich habe körperlich – für eine lange Zeit – wenig gemerkt. Der Therapieplan bestand aus verschiedenen Blöcken, d. h. ich hatte ‚mal zwei Wochen Chemo, dann eine Woche Pause, dann dreimal eine starke Chemo, dann wieder eine Pause usw.

Es war allerdings trotz guten Werten klar, dass es eine Transplantation geben muss! Und so wurde auch ab Januar ein/e Spender/in gesucht! Das läuft erst einmal lokal in Deutschland und der eigenen Familie ab, wobei z. B. die DKMS hilft, dann wird es auf Europa und schließlich weltweit ausgeweitet.

Im März hatte ich – glaube ich – die Zusage meiner Spenderin! Dann ging es an die Vorbereitung, sprich ich musste viele Tests machen, es fand eine Ganzkörperbestrahlung statt und noch einmal musste ich mich einer Chemotherapie unterziehen, bis ich dann Anfang April 2019 in den Transplantationsbereich kam, wo mein Immunsystem auf Null gefahren wurde und mir das Knochenmark meiner Spenderin verabreicht worden ist.

Ihr könnt euch die Spende wie eine normale Blutkonserve vorstellen, nur etwas größer und die rote Farbe ist dunkler. Merken tut man direkt nichts.

Nach etwa 2 ½ Monate in Isolation und mit dem Anwachsen der neuen Zellen gewann immer mehr Freiheiten zurück: Irgendwann durfte ich aus der Isolation in ein Einzelzimmer, irgendwann nach Hause und etwa im Februar 2020 war mein Körper wieder so weit fit, dass ich raus durfte und in die Schule gehen konnte, die aber einen Monat später wegen Corona geschlossen wurde.

Wie sind deine Freunde und Familie damit umgegangen?

Meine Mutter war, trotz unseres – zu dem Zeitpunkt – sehr schlechten Verhältnis, was auf mein jugendliches Verhalten zurückzuführen ist, permanent für mich da und hat mir mit allem was ging, unter die Arme gegriffen! Mein Vater war glaube ich zweimal während der ganzen Zeit da, aber nur auf Nachfrage, also kann ich eher von einem gemischten Umgang sprechen. Die meisten meiner Freunde haben großes Interesse und großen Beistand gezeigt. Es gab nur wenige, die mit der Situation oder dem Umgang mit mir überfordert waren. Aber ich glaube, was das Thema Freunde anging, hatte ich da sehr Glück! Ich hatte auch immer Besuch, wenn es möglich war.


Hast du nun eine andere Einstellung zum Leben?

Meine Einstellung laute damals (16): „Scheiß egal, ich bin mir selbst der Nächste und weiß es eh besser.“ Ich sollte aber dazusagen, dass ich halt gesehen habe, wie schnell Freunde im gleichen Alter sterben können und wollte das Leben genießen.

Nach dem Klinikaufenthalt würde ich mich erst einmal als depressiv bezeichnen, allerdings bin ich zum Glück recht gut aus diesem Zustand herausgekommen. Jetzt ist meine Einstellung zu vielen Themen eine andere, also deutlich offenere. Dadurch, dass mir so viel Hilfe zu Teil wurde, habe ich das Verlangen etwas zurückzugeben, ob im sozialen oder pädagogischen Bereich ist egal, wobei mir die Pädagogik mehr liegt. Ich habe den Anspruch an mich, mehr Leid zu heilen und mich für Positiveres in der Welt einzusetzen! Zeitgleich möchte ich aber auch informieren und den Leuten, die ein „Friede Freude Eierkuchen“ Leben führen, dass es auch anders aussehen kann und deshalb mehr Energie auf das Zwischeneinander gelegt werden sollte. Mir ist die Umwelt und die Tatsache, „wie scheiße wir damit umgehen“, bewusst geworden, weil auch das ein Thema ist, welches durch Egoismus sehr viel Leid hervorruft.

Hast du Angst nochmal an Krebs zu erkranken?

Keine Angst, aber gesunden Respekt. Ich glaube, wenn ich nochmal an Krebs erkranke, dann würde ich es wieder packen und wenn nicht habe ich seit der zweiten Diagnose so gelebt, wie ich es möchte und habe nichts zu bereuen! Es gibt nur noch ein paar Sachen, die ich erleben möchte. 

Hast du deinen Spender kennengelernt?

Meine Spenderin habe ich kennengelernt, aber leider haben wir nicht viel Kontakt, aber das ist momentan zeitlich bedingt schwierig. 

Warum sollte man sich bei der DKMS registrieren?


Man könnte selbst mal betroffen sein. Man rettet Leben! Das Karma steigt ins Unermessliche! Das Universum und/oder Gott wird es einem danken und mit einer Registrierung kann man vielleicht seinen Kindern oder Enkeln erzählen, dass man mal ein echter Held war.

Was würdest du Leuten raten, die Angst vor der Entnahme der Stammzellen haben?

Angst vor der Entnahme ist rational gesehen gerechtfertigt. Es ist ungewohnt und unangenehm, aber eben auch nicht mehr. Dafür ist der Preis, der dabei rumkommt, ein hoher, selbst wenn eine Transplantation ‚mal nicht klappt. 
Und persönlich würde ich sagen: Jeder, der wegen Krebs oder allgemein einer ernsten Erkrankung im Krankenhaus liegt, leidet unermesslich, sowohl psychisch als auch physisch. Ich persönlich (ohne für andere Personen zu sprechen) finde, dass man ein kleineres Leid auf sich nehmen sollte, um größeres zu verhindern oder zu lindern. Aber wie gesagt, dass muss jeder für sich selbst ausmachen. Aber Hilfe anbieten, egal in welcher Art, sollte dennoch wertgeschätzt werden!

Deshalb Mund auf Stäbchen rein und Spender sein!

Hier zur Registrierung: https://www.dkms.de/registrieren

Ein Interview von Emily Mark

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