
Das Deko-Element und der Elefant im Raum
von Gloria Janecki
The beast is back. Donald Trump, er ist zurück. Zum zweiten Mal. Nein, nicht als wiederverwertete Reality-Show, sondern als Präsident der Vereinigten Staaten. Seit gut einem Monat sitzt der neue alte Amtsinhaber wieder im Oval Office, bereit, die politische Landschaft erneut wie ein wütender Stier zu verwüsten. Während die halbe Welt den Atem anhält oder in Schnappatmung verfällt und nervös zusammenzuckt, wenn die nächste unheilverkündende Eilmeldung auf dem Bildschirm aufpoppt, gibt es eine Person, die wohl mit am allermeisten leidet – mit höchster Wahrscheinlichkeit noch weitaus mehr als wir, als der ahnungslose Pöbel. Hat der Rest der Welt sich beim Ausgang der US-Wahl im November noch entweder vor Schock oder Faszination die Augen gerieben, so hat diese eine Frau sich vermutlich bereits gefragt, wie zur Hölle sie das noch ein weiteres Mal überstehen soll. Und nein, es ist nicht die schwarze Lady, um die sich Großmächte wie Amerika gerne streiten, der Atomkoffer, mit dem sich dessen Machthaber gerne zur Einschüchterung anderer Staaten in ihrer Rhetorik schmücken, als wenn es sich um eine Luxustasche handeln würde.
Es ist die Frau, die noch immer angestrengt überlegt, ob sie sich endlich einen Dauerurlaub auf irgendeiner Karibikinsel gönnen und inkognito das Weite suchen soll – Melania Trump, das wahrlich einzige Individuum in diesem Universum, das mit absoluter Sicherheit sagen kann: „Ich habe das erste Mal überlebt … Aber ist es nun nicht allmählich an der Zeit, das ganze Theater gegen ein ruhiges Leben auf einer Privatinsel mit einem eisgekühlten Cocktail einzutauschen? Wie lange dauert diese vermaledeite Tragikomödie noch?“ Ja, genau die Melania, die schon in Trumps erster Amtszeit neben ihm stand – mit einer Mimik zwischen gelangweilter Resignation und der stillen Hoffnung, dass sich irgendwo ein Notausgang eröffnet. Jetzt ist sie zurück – zumindest auf dem Papier. Ob sie die Rückkehr in den goldenen Käfig gemeistert hat … Darüber ließe sich streiten und spekulieren. Und zwar nicht ganz unbegründet. Schließlich hat die neue alte First Lady uns gleich bei der Vereidigung ihres Ehemanns am 20. Januar 2025 allen Grund dazu geliefert:
Es war einer ihrer ersten großen Auftritte, als sie sich anlässlich der Amtseinführung 2025 der Welt präsentiert hat – womöglich eher weniger, weil ihr danach war, sondern aus Prinzipientreue. Doch wer dachte, sie würde die Rückkehr ins Weiße Haus mit einem Lächeln begleiten, wurde eines Besseren belehrt. Melania erschien – wortlos, regungslos, aber bestens ausgerüstet: mit einem überdimensionierten Hut, der mehr einer Festung als einem modischen Accessoire glich.
An jenem 20. Januar herrschten in Washington D.C. etwa minus sechs Grad. Bei dieser eisigen Kälte hätte man fast meinen können, das Wetter selbst wolle Trumps Amtseinführung mit derselben frostigen Distanz begrüßen, mit der viele seiner Kritiker auf seinen Amtsantritt blickten. Passend zur frostigen Atmosphäre entschied sich Melania Trump für ein Outfit, das ebenso distanziert wirkte wie ihre Miene, mit der sie die Inauguration ihres Ehegatten quittierte. Ihr elegantes und konservatives Ensemble – ein maßgeschneidertes mitternachtsblaues mantelähnliches Kleid aus Wolle sowie die darunter hervorblitzende elfenbeinfarbene Seidenbluse und ein Stiftrock, der ihr bis über die Knie reichte und gerade genug nacktes Bein zeigte, um den strengen Look nicht völlig asketisch wirken zu lassen – strahlte kühle Eleganz aus. Doch das eigentliche Highlight des trumpschen Amtsantritts war ihr Hut: ein breitkrempiges Modell von Eric Javits, das so tief in ihr Gesicht gezogen war, dass man sich fragen musste, ob sie ihren Mann an diesem Tag überhaupt noch sehen wollte.
Wer würde ihr das verübeln?
Dieser ikonische Hut, der in seiner strengen Form fast militärische Disziplin ausstrahlte, wurde unfreiwillig zum Symbol der Distanz zwischen dem neuen Präsidenten und der First Lady. Als Donald Trump sich während der Zeremonie seinem Eheversprechen entsprechend zu einem Kuss herabbeugte, prallte er regelrecht gegen die stilvolle Festung auf ihrem Kopf. Eine sanfte Annäherung? Lieber von links oder doch von rechts? Unmöglich! Trump, sichtlich euphorisiert über seine triumphale Rückkehr, drehte sich nach der Vereidigung zu seiner Gattin und formte den Mund zu einem präsidialen Kuss. Statt einer Erwiderung gab es nur einen Frontalaufprall auf Melanias Hutkrempe. Der Hut wies ihn mit der Autorität eines Secret-Service-Agenten in die Schranken. So blieb ihm nichts anderes übrig, als einen unbeholfenen Luftkuss in ihre Richtung zu schicken – ein Moment, der bei nahezu jedem frisch verheirateten Paar oder romantisch Verliebten charmant und rührend gewirkt hätte. Hier? Fehlanzeige …
Gleichzeitig hatte auch dieser Kuss es schwer, denn der sogenannte „Matelot“, der besagte flache Hut mit breiter Krempe, saß so tief auf dem Haupt der First Lady, dass er fast als Schutzschild dienen konnte. Große Teile ihres Gesichts blieben im Dunkeln, lediglich ihre Wangen, Nase und der Mund – jener stets perfekt platzierte, durchtrainierte Kussmund – schauten heraus. Ihre Augen hingegen blieben verborgen, wie ein gut gehütetes Geheimnis, sodass selbst der frischgebackene – oder eher gesagt wieder aufgewärmte – Präsident kaum einen Blick vom Antlitz seiner Ehefrau erhaschen konnte. Vielleicht war das auch ganz im Sinne von Melania, die offenbar nicht nur das Amt ihres Mannes, sondern auch ihre Privatsphäre mit einer prächtigen Mauer aus Wolle und Krempe verteidigte. Wer braucht schon die tiefen, persönlichen Blicke, wenn man mit solch einem Accessoire nicht nur bestens gegen Wind und Wetter, sondern genauso adäquat gegen unerwünschte „Liebesgesten“ geschützt ist?
Man konnte sich schlichtweg nicht des Eindrucks erwehren, dass Melania mit ihrer Hutauswahl ein Statement setzte: Ihr Look erinnerte mit seiner strengen Silhouette und dem dominanten Hut an die Uniform einer Generalin – einer, die das Kommando lieber selbst in der Hand behält, statt sich küssen und wie ein Püppchen vorführen zu lassen. Die Botschaft könnte eigentlich nicht klarer sein: Während ihr Mann das Land regieren wollte, regelte sie selbst erst einmal die Frage des Sicherheitsabstands.
Und wie sollte es auch anders sein, nachdem sie ihre Distanz in vollem Stil etabliert hatte? Melanias Kopfschmuck und der denkwürdige Moment der Abweisung des Präsidenten wurden kurze Zeit später als „Hut-Gate“ regelrecht zelebriert. Memes überschwemmten die sozialen Netzwerke – von „Mauerbau beginnt bei der Ehefrau“ bis hin zu „Melanias Sichtschutz-Level: Expertin“ – die Kommentarlandschaft ließ Melania höher leben als Donald. Die Strategie der Präsidentengattin steht: Diese First Lady wird Donalds Nähe auch in seiner zweiten Amtszeit mit architektonischer Präzision vermeiden. Eine perfekte Metapher für diese Ehe und für eine unter der Selbstverliebtheit ihres Mannes leidende Frau, die sich lieber hinter Mode als hinter ihrem Mann positioniert. Denn was braucht es mehr als einen modischen Blockbuster, um sich als unabhängige Frau inmitten des politischen Chaos zu behaupten?
Die versteckte Botschaft ihres Looks und vor allem des Huts ist eindeutig: Melania baut nicht nur eine stylische Mauer um sich selbst, sondern signalisiert auf subtile Weise die Grenze ihrer emotionalen Nähe zu Donald. Die Melanialogie, jene Kunst, die eigene Präsenz durch Abwesenheit zu definieren, kommt hier voll zum Tragen. Sie wird die politische Bühne und ihren Mann weiterhin auf Distanz halten, ohne einen Fuß in das von ihm verwüstete Trümmerfeld zu setzen. Ist sie also die wahre Leidtragende dieses politischen Spektakels? Vielleicht. Vielleicht ist sie aber auch eine stille Komplizin – eine, die genau weiß, wie sie sich aus der Schusslinie hält, während ihr Mann das politische Parkett in einen Trümmerhaufen verwandelt. Eine, die verstanden hat, dass der sicherste Ort in der Trump-Welt irgendwo außerhalb seines direkten Sicht- und Schussfeldes liegt. Und so wird sie auch diese zweite Amtszeit überstehen – mit perfektem Pokerface, strategisch platzierten Hüten und einer Abwesenheitsquote, die selbst Teilzeitkräfte neidisch macht.
Amerika mag sich bedauerlicherweise für eine Trump-Fortsetzung entschieden haben. Aber Melania? Sie hat sich längst ausgeklinkt.
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