Die Definition einer Existenz
Die Frage nach dem Leid, die Frage nach der Güte, die Frage nach der Existenz.
Die Frage nach dem Sein oder Nichtsein eines unerklärlichen Individuums.
Die Frage nach dem Vorhandensein eines Gottes.
Fragen, auf die wir Antworten erhoffen. Antwort ist gleich Erklärung.
Und Erklärung ist gleichbedeutend mit ,,dem Deuten, dem Begründen von etwas, etwas, wodurch etwas erklärt wird.‘‘
Das Deuten von etwas.
Das Deuten von Dingen, die geschehen,
von Wundern und Katastrophen, die wir sehen.
Das Begründen von etwas.
Das Begründen der guten und schlechten Dinge um uns herum.
Etwas, wodurch etwas erklärt wird.
Ein Satz, ein Wort, eine Gleichung, durch die automatisch Zweifel weichen.
Wir drehen uns im Kreis.
Finden kein befriedigendes Ergebnis auf der Suche nach der Definition etwas Undefinierbaren und hier liegt das Problem.
Das Problem des Versuchs, alles zu verstehen.
Wir sehnen uns nach einem großen Gott, aber bitte nicht größer als meine Vorstellungskraft.
Einem Gott der Güte, aber nur für Dinge, die ich auch vergeben kann.
Wir wollen einen Gott der Allmacht, einen Gott, der alles weiß, aber bitte auch jemanden, der nur das macht, womit ich auch perfekt umgehen kann.
Einen Gott, der uns anerkennt, aber wann erkennen wir ihn an?
Wann hören wir auf, unsere projizierten, durch Floskeln bestärkten Ansichten eines Gottesbildes
darüber zu stellen, wer unser Gott ist?
Warum das alles?
Weil wir nicht anders können.
Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht,
und was der Mensch nicht zu kennen meint, das glaubt er nicht.
,,Das glaube ich nicht.‘‘
Glaube zwar als festes Vertrauen auf etwas, was ich nicht sehe, aber bitte verstehe.
Und Gott kennt dieses Phänomen.
Natürlich konnte er Adam im Garten schon lange sehen, als er ,,Wo bist du?‘‘ rief.
Natürlich war für ihn lange klar, wo Abel war, und trotzdem fragte er Kain.
Und wir wissen, dass es, obwohl Jesus wusste, dass Judas ihn verriet, bis zum Schluss bei 12 Aposteln blieb.
Weil unser Gott sich erfahrbar macht.
Das Wort Gottes ist lebendig und eine wirkende Macht auf mehr als eine Weise.
Ein Gott, der sich finden lässt, eine Botschaft zieht Kreise.
Die Botschaft eines dreieinigen Gottes in Vater, Sohn und Geist,
aber das ist noch nicht alles, was die Bibel uns verheißt.
Unser Gott ist eine geöffnete Tür, ein Friedensfürst,
das Opfer, das für meine Schuld büßt,
das Brot des Lebens und der Wein,
der Ursprung von allem Sein.
Einer ruft ihn an als Vater, als Papa, als Herr oder Freund,
der Nächste als Bruder, als Mutter, die ihn tröstet wie ein Kind.
Für den einen ist er der gerade Weg oder Hirte, Wahrheit oder Waage.
Er ist stark wie ein Löwe und sanft wie ein Lamm.
Er ist das zweischneidige Schwert und der, der Wunden verbinden kann.
Richter und Anwalt zugleich.
Ein flammendes Feuer und die Quelle aller Freude.
Alpha und Omega, Anfang und Ende, Start und Ziel.
Eine ewige Konstante und jeden Morgen neu,
immer genug, aber nie zu viel.
Und durch das alles ist er nicht definiert.
Wir können ihn immer noch nicht verstehen.
Aber sehen, was er tut.
Hören, was er sagt, und vertrauen, dass es nicht darum geht zu begreifen, wer er vollständig ist.
Dass er nicht zusammenfassbar als Definition in einem Schulbuch steht,
weil sein Bild nicht in einen Rahmen gequetscht in einer Kirche hängt,
weil er jegliche Vorstellungen sprengt.
Und das ist okay.
Wir treiben in Fragen um seine Existenz, Güte und Vollmacht
und halten uns doch nur fest an seinem Ast.
Wir schwanken zwischen Ängsten und dem Gewicht einer weltlichen Last.
Aber das Haus steht auf felsigem Grund.
Das Haus mit unendlich vielen Zimmern, einem Synonym für Daheim.
Ein Ort der Geborgenheit, der Liebe und der wahren Identität.
Nein, Gott, ich habe keine Definition, keine Worte für dich,
aber du für mich.
Und solange ich atme, ist mein Gebet
die Bewunderung eines Gottes, der niemals geht,
den niemand versteht,
aber der täglich Samen von Glaube, Liebe und Hoffnung in Menschenherzen säht.
Text: Jule Lukasik, Teilnehmerin des Wahlkurses Poetry Slam 2020/21
Bild: privat
Ein Kommentar
Leonie D.
Ein wundervoller Text!